Tor! Tor! Tor! Eine neue Spielidee für Nepal!

Bepackt mit unseren Bausätzen für ein Klammerfußballspiel fuhren wir am Samstag, 28.9.2013, mit dem Taxi zuerst zum K-House, dem Mädchenheim der NYF. Albert hatte zuhause mehrere Bausätze sehr gut vorbereitet und alles im Koffer hierher mitgebracht. Dazu gehören zugeschnittene Brettchen als Spielfeld, der Kunstrasen, bunte Perlen zum Zählen der Tore, eine Wäscheklammer, ein Gummiband, ziemlich viele Nägel. Obendrein einen Hammer, eine Säge und Holzleim. Hier in Nepal haben wir Farben und Pinsel gekauft. (Über das Einkaufen hier gibt es einen extra post.) Wir wurden mit großem Hallo von den Mädchen begrüßt, die uns von unserem ersten Besuch hier schon kannten. Und sie waren natürlich sehr neugierig auf das, was wir in unseren Taschen mitbrachten. Wir selbst waren ebenso gespannt und neugierig auf den Verlauf des geplanten workshops. Nach dem ersten Kennenlernen der Mädchen hatten wir abends mehrmals darüber gesprochen. Auch Rajan Pandit, der Assistant Program Officer der NYF, und Baburam, der Leiter der beiden Wohnheime K- und J-House, sind sehr gespannt auf den Verlauf dieser Aktion. Wir drei haben das Gefühl, das es für alle Beteiligten ein Pilotprojekt ist.

Die Entscheidung für dieses Spiel fiel deswegen leicht, da Fußball überall auf der Welt gerne gespielt wird und auch in Nepal das Interesse für Fußball sehr groß ist. Jedes Kind kennt hier die Namen einiger deutscher Spieler, wenn auch die Aussprache von Namen wie ¨Schweinsteiger¨ oder ¨Müller¨ nicht so leicht fällt. Zudem kann gerade dieses Spiel von Kindern (fast) jeden Alters gespielt werden. Uns kommt es aber nicht nur auf das Ergebnis des workshops an. Denn auch das Herstellen des Spiels selbst stellt unseres Erachtens für die teilnehmende Kinder und Jugendlichen eine wichtige Erfahrung dar. Die Resonanz bei den hiesigen Erwachsenen, als sie von unserem Vorhaben hören, ist sehr zurückhaltend. Solche Werkerfahrungen scheinen für die Kinder und Jugendlichen, aber auch für die Erwachsenen, völlig neu zu sein. Daran merken wir, wie schwierig es für uns ist, Einblicke in die Erfahrungswelt der nepalischen Kinder und Jugendlichen zu bekommen.
Aber all die Überlegungen und Bedenken sind nach der ersten Begrüßung vergessen. Auf einer großen, luftigen Terrasse richtet Albert die einzelnen Teile und Werkzeuge auf einem großen Tisch. Dabei ist auch ein Metermaß. Die Mädchen sind ganz fasziniert davon, sie klappen es Teil um Teil aus und staunen dabei, wie sehr sich dieses Ding entfalten lässt. Anne fängt an, die Körpergröße der einzelnen Mädchen zu messen. Eine große Gaudi für uns alle. Meine 1,86m sind heute zumindest ungeschlagen.
Dann stellt Anne allen 17 Mädchen von K-House das Projekt vor. Diese sind nun mucksmäuschenstill und lauschen gespannt.
Nun geht es los mit Schleifen, Leimen, Nageln. Jede darf einmal ran, aber nicht alle haben den Mut dazu. Dann werden sie von anderen unterstützt oder angeregt. Sogar die Allerkleinste ist mit großem Eifer und großer Freude dabei. Wir sind erstaunt, mit welchem Elan, aber auch Disziplin und Konzentration die ganze Aktion vorangeht. 17 Mädchen und nur ein Bausatz: ob das auch in Deutschland so möglich wäre?
Albert führt die einzelnen Arbeitsschritte vor, zeigt den Gebrauch des benötigten Werkzeugs und Materials, ab und zu macht er ein Witzchen. Die Mädchen verstehen sich mit Albert prächtig und setzen das Gesehene sofort ins eigene Handeln um!
Dann wird noch die Bandenwerbung aus Zeitungen ausgeschnitten und außen auf das fertige Spiel geklebt. Die zwei Spielfiguren, die aus den beiden Hälften einer hölzernen Wäscheklammer aus Italien bestehen, werden noch bemalt. Albert verwendet diese Klammern besonders gerne, da sie besonders groß und daher für kleine Hände sehr gut geeignet sind.
Nach gut zwei Stunden ist das Fußballspiel fertiggestellt und die Mädchen sind zu Recht sehr stolz auf ihr Werk. Nochmal kurz die Regeln erklärt und dann wird mit großem Vergnügen gespielt.
Anne, Albert und ich werden zum lunch hier im K-House eingeladen. Es gibt leckeres Dal Bhat, das nepalische Alltagsessen. Es besteht aus gekochtem Reis, verschiedenen Gemüsen und als Soße dazu eine Art Linsensuppe. Uns schmeckts gut. Dazu einen Becher kaltes oder heißes Wasser.
Gestärkt durch das leckere Essen und gut gestimmt durch diese positive Erfahrung machen wir uns auf den kurzen Fußweg zum J-House, dem Wohnheim der Jungen. Auch hier werden wir sehr freundlich begrüßt. Albert und ich waren in dieser Woche ja schon mal zum Spielen hier gewesen. Wir drei sind sehr darauf gespannt, wie diese Aktion mit den 19 Jungs verlaufen wird. Genauso entspannt? Albert richtet wieder die Materialien, Anne erklärt den Ablauf und los gehts. Zu unserem großen Erstaunen sind die Jungen mindestens genauso diszipliniert, aber auch hilfsbereit, sich gegenseitig unterstützend und anregend wie die Mädchen.
Die Jungs spielen dann mit großer Leidenschaft das neue Spiel ¨Klammerfußball¨. Und zumindest für heute wird auf dem Spielfeld hinter dem Haus kein Fußball mehr gespielt!
Für alle, die sich das Spiel ¨Klammerfußball¨, das Spiel der Spiele, nachbauen wollen, hier der link zum Bauplan auf Seite 62 im Heft 11 der Zeitschrift ¨Holzidee¨: Bauplan ¨Klammerfußball¨

Hier mehr Infos über die nepalyouthfoundation

Unsere erste Woche: Drei Mitglieder der Werkstatt e.V. in Nepal.

Jetzt sind wir drei schon eine Woche hier in Kathmandu, eine Woche voller Erlebnisse und intensiver Eindrücke!

Gewohnt haben wir drei, Anne, Albert und ich, während der ersten Tage unseres Aufenthaltes in einem einfachen Gästehaus, dem Pal Rabten Khansar, auf dem Gelände eines tibetischen Klosters namens Sakya Tharig Gompa. Der Gesang der Mönche, das tiefe Dröhnen der Trommeln, das Klagen der großen Muschelhörner, die schrillen Töne der Schalmeien waren dann auch frühmorgens, noch vor Sonnenaufgang, unser Wecker. Nachts tobten die kläffenden Hunde durch die dunklen und menschenleeren Gassen, so dass für Schlaf nicht viel Zeit blieb.
Der erste Gang am Morgen führte uns zum Frühstück entweder in die nahe gelegene ¨garden kitchen¨ oder etwas weiter in das Cafe des großen Shechen-Klosters. Hier im Umkreis der großen Stupa von Bodnath gibt es unzählige tibetische Klöster. Manche Reiseführer schreiben, dass hier die größte Ansiedlung von Tibetern, d.h. tibetischen Flüchtlingen, außerhalb Tibets sei. Vor allem die tibetischen Frauen fallen uns durch ihre besondere Tracht auf, es gibt unzählige Läden mit tibetischer Handwerkskunst, Teppichen, Taschen, Kleidern etc. Nach dem Frühstück umrunden wir dann mit all den anderen Touristen und Pilgern die Stupa, bleiben immer wieder stehen, staunen, fotografieren. In den nächsten Tagen werden wir noch oft von der besonderen Atmosphäre hier beeindruckt und berührt werden.
Bei der Besichtigung des Sakya Tharig Klosters kam Anne mit einem jungen tibetischen Mönch ins Gespräch. Darin ging es insbesondere um seine persönliche Situation, dass er als Flüchtling nicht in seine Heimat zurück kann. Er lud uns auch ein, zu einer morgendlichen puja zu kommen. Nachdem wir um 5:30 Uhr aufgestanden waren, saßen wir am nächsten Morgen noch schlaftrunken in der großen Gebetshalle und verfolgten all das mit, was wir bis jetzt nur gehört hatten.
Ein Ausflug führte uns per Taxi zum Durbar Square ins nahe Patan. Der Durbar Square ist der Mittelpunkt und die Hauptattraktion der Stadt. Durbar Square ist voller newarischer Bauwerke wie dem alten Königspalast und unzähligen Tempeln. Wir streiften durch die Gassen, nachdem wir in einem rooftop-Cafe den Blick genossen und zugleich vor der sengenden Sonne Zuflucht gesucht hatten. Aktuell ist es immer noch sehr warm hier, mittags werden um die 30 Grad erreicht, an den ersten Tagen regnete es nachmittags auch mehr oder weniger ergiebig. Es ist die Zeit des endenden Monsun, mit der Zeit werden die Wolken verschwinden, mit etwas Glück kann man dann auch von Kathamndu aus die Bergketten des Himalaya sehen….
Kleiner Exkurs für die Werkstattmitglieder: Bei unseren Gängen durch die Gassen und Straßen der verschiedenen Stadtviertel sehen wir immer wieder verschiedene Handwerker in ihren kleinen Läden, die zugleich auch die Werkstatt sind. Uns ist aufgefallen, dass auch sehr viele junge Kinder hier arbeiten. Viele Schneider, Kupfer-und Silberschmiede, aber auch Schreiner kann man sehen. In Patan ist uns einer besonders dadurch aufgefallen als er gerade ein Verlängerungskabel an einen elektrischen Handhobel anschloß. Diese abenteuerliche Vorgehensweise war mir schon aus Indien bekannt. Zum anderen konnten wir die ganze Werkstatt und deren Ausstattung gut einsehen, da diese sich bis auf den Gehweg und den kleinen Platz vor dem Gebäude erstreckt. Eine Gespräch mit dem Schreiner war leider nicht möglich, aber Alberts Talent ermöglichte uns doch einen Austausch. Die folgenden Bilder sprechen für sich.
Ein anderer Ausflug führte uns nach einem 45 minütigen Spaziergang von Bodnath aus zum wichtigsten hinduistischen Heiligtum Nepals, dem Shiva-Tempel von Pashupatinath. Dieses Heiligtum liegt am Ufer des heiligen Flusses Bagmati, hier ist eine der wichtigsten Verbrennungsstellen der Stadt. Ringsum befinden sich etliche Schreine und Tempel. Das Hauptheiligtum dürfen nur Hindus betreten, aber von einer höher gelegenen Terrasse kann man von jenseits des Flusses einen Einblick nehmen. Viele Sadhus bieten sich, gegen eine kleine Spende, zum Fotografieren an.
Wir erleben das Gedränge im Touristenviertel von Kathmandu, Thamel. Hier kann man alles kaufen, was man für eine Trekkingtour benötigt und noch viel mehr. Ein unglaubliches Gewimmel und Gewühle in den engen Straßen und Gassen, die Mopeds hupen, dazwischen eine Rikscha. Alles ist voller Leuchtreklame, trotz des regelmäßigen Stromausfalls. Aber auch auf den großen Straßen außerhalb des Stupa-Viertels gibt es viele Marktstände, meist auf den Gehweg ausgebreitete Waren oder Obst und Gemüse auf großen Karren oder Fahrrädern.
Beeindruckend sind für uns die verschiedenen Stimmungen, die wir zu den unterschiedlichen Tages-und Nachtzeiten beim Umrunden der großen Stupa erleben. Besonderes Glück hatten wir bei der Vollmondnacht.
Am Sonntag nun wurden wir vom Assistant Program Officer der Nepalyouthfoundation (NYF) Rajan Pandit abgeholt. Er brachte uns in das Haus von Olga Murray, der Gründerin der NYF. NYF ist die Organsation, für die Anne, Albert und ich als volunteers für einige Wochen tätig sein wollen. Den link dazu habe ich unten eingefügt. Olgas Residenz, wie das Haus hier genannt wird, ist ein wunderschönes Refugium. Man verlässt eine der staubigen und verkehrsreichen Straßen hier in Lalitpur, biegt ab in einen engen, von hohen Mauern umgebenen, holprigen Weg. An dessen Ende erhebt sich ein hohes, grünes Metalltor – und dahinter betritt man ein kleines Paradies mit Wohnaus und schönem Garten. Wir werden hier umsorgt von Ram, der für uns leckeres Essen kocht. Zudem gibt es mittags frischen Salat aus dem eigenen Gemüsegarten. Am Montag, den 23.9. und Dienstag, den 24.9. brachten uns Rajan und Ranjan, der uns fährt, zu verschiedenen Einrichtungen der NYF. Zuerst besuchten wir das Ankur Psychological Counseling Center (APCC) in unserer Nähe. Diese Beratungsstelle ist eine der ersten hier in Nepal, die mit Kindern und Jugendlichen arbeitet. Die Kinder und Jugendlichen sind zum Teil Waisen, andere wurden von ihren Familien verstoßen, andere lebten als Bettler und Straßenkinder. Nun leben und wohnen sie in den beiden Kinder- und Jugendwohnheimen der NYF, wo bis zu 30 Jungen und Mädchen betreut werden. Diese Wohnheime haben hier die Bezeichnung J-House (für Jungen) und K-House (für Mädchen). Wir besuchten beide gestern abend, mit den Jungen haben wir auch zu abend gegessen. Beide Besuche waren geprägt von einer offenen und aufgeschlossenen Atmosphäre. Wir planen, mit diesen Jugendlichen Spielenachmittage durchzuführen und auch unterschiedliche Brettspiele und Drachen selbst herzustellen. Anne und Albert haben langjährige Erfahrung darin. Auch haben sie eine Menge an Material aus Deutschland dafür mitgebracht. Da es hier kein Bauhaus oder keinen OBI gibt, war es für Albert und mich gestern ein Abenteuer, Farben und Pinsel zu kaufen.
Weitere Besuche galten dem Nutritional Rehabilitation Center (NRC) und dem New Life Center (NLC). Das NRC liegt etwas außerhalb auf dem Land, man hat von hier aus einen schönen Blick auf grüne Felder. Das NRC wurde vor einigen Jahren mit Mitteln der NYF neu errichtet. Hier werden unter- und mangelernährte Kinder aus dem Bezirk aufgenommen, die Kinder werden gut ernährt und medizinisch betreut. Die Mütter werden darin geschult und angeleitet, gehaltvolles und nährstoffreiches Essen für ihre Kinder zuzubereiten. Von diesen Zentren unterhält die NYF 16 in ganz Nepal. Im NLC werden HIV-infizierte Kinder und Jugendliche betreut und medizinisch betreut. Durch diese Besuche, die Führungen durch die Einrichtungen und die Gespräche mit den jeweiligen Mitarbeitern bekommen wir einen sehr guten Einblick in die wichtige und wertvolle Arbeit dieser Organisation. Jetzt muss ich das Schreiben unterbrechen, Ram serviert uns zum lunch ein leckeres Linsensüppchen, dazu gibt es Thunfisch-Sandwich.
Danach machen wir uns zu dritt auf den Weg. Anne war heute vormittag im APCC zu Gesprächen mit Mitarbeitern und um mehr über deren Arbeit zu erfahren. Wir suchten hauptsächlich in Thamel nach verschiedenen Materialien wie Schnüre, Werkzeugen und Täschchen für die Spielsteine, Würfel usw.. Bei der Suche nach Werkzeug waren wir nicht erfolgreich. Aber welcher Tourist braucht schon eine Bohrmaschine, einen Fuchsschwanz oder ähnliches Werkzeug. Da müssen wir morgen die Hilfe von Rajan und unserem Fahrer Ranjan in Anspruch nehmen.
Nach all diesen Mühen war nun wirklich eine besondere Belohnung fällig. Und in Thamel ist man bestens auf unsere westlichen Bedürfnisse eingestellt, wie man sieht.
Mit einer leckeren Zimtschnecke in der Hand bzw. im Mund fragten wir uns, warum dieser Briefkasten so gut bewacht wird und ob die eingeworfene Post auch ankommt.
Heute morgen, Donnerstag 26.9.2013, kam Baburam, der Leiter der beiden Wohnheime J- und K-House mit seinem Motorrad zu Albert und mir. Anne ist heute vormittag wieder im APCC. Eine unserer ersten Fragen galt den Bezeichnungen für die Wohnheime. Wir erfuhren, dass das J-House (Jungen) vor über 20 Jahren zuerst hier in dem Stadtteil Jawalakhel seinen Standort hatte. Daher der Buchstabe J, der auch nach verschiedenen Umzügen beibehalten wurde. Die Umzüge waren notwendig, da die Häuser bis jetzt immer angemietet wurden. Es ist geplant, eigene Wohnheime zu bauen. Das K-House (Mädchen) hat seinen Namen vom ersten Standort, dem Stadtteil Kusunti. Dann erfuhren wir z.B. auch, dass jeder Haushalt in Nepal einen Stromzähler hat. Albert und mich beschäftigte diese Frage seit unserer Ankunft hier. Denn beim Anblick der Strommasten und der elektrischen Leitungen, die teilweise bis in Augenhöhe herunterhängen oder auch auf dem Gehweg liegen, fiel es uns schwer, so ein System zu erwägen.
Hier mehr Infos über die nepalyouthfoundation